QUEERKRAM

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Queer.de präsentiert den queeren Podcast mit Nollendorfblogger Johannes Kram

Kerstin Ott über lesbische Liebe im deutschen Schlager

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Die Schlagersängerin Kerstin Ott spricht über ihr neues Lied „Der Morgen nach Marie“, das gemeinsame Feiern von Schwulen, Lesben und Heteros sowie die Last, ein Vorbild zu sein.

Es ist vermutlich kein großes Geheimnis, dass bei den Redaktionspartys von queer.de gerne Schlager aufgelegt wird. Neben Nana Mouskouri und Rex Gildo befindet sich seit einigen Jahren auch Kerstin Ott in der Playlist, ihre Songs können vom Anzeigenleiter bis zum Chefredakteur wirklich alle mitsingen. „Kommt, lasst uns die Welt bemalen in Regenbogenfarben!“ - dieses Ziel haben wir uns als „Zentralorgan der Homo-Lobby“ schließlich ebenfalls auf die Fahnen geschrieben.

Entsprechend groß ist die Aufregung, als ich in unserer täglichen Videokonferenz den neuesten Podcast-Gast von Johannes Kram ankündige. Bevor am Freitag eine Deluxe-Edition ihres Albums "Nachts sind alle Katzen grau" mit sechs nagelneuen Songs erscheint, hat Kerstin Ott nämlich im QUEERKRAM-Studio vorbeigeschaut. Eine ganze Stunde lang spricht sie über ihre sagenhafte Karriere, die teils sehr ernsten Themen ihrer Hits, ihre Vorbildfunktion und ihr Verhältnis zur queeren Community.

Auch Johannes Kram ist etwas aufgewühlt, hat er doch beim Pre-Listening des neuen Albums den Song „Der Morgen nach Marie“ entdeckt. Eine „Sensation“, stellt er im Podcast fest, „die erste lesbische Liebesnacht im deutschen Schlager“. Tatsächlich geht es in dem Gute-Laune-Stück um eine Herzensbrecherin in einer Bar, die erst mehreren Männern den Kopf verdreht, bis sich Ott mit einem wunderbaren Twist in der letzten Strophe outet:

Ich war selbst in sie verliebt. Manchmal denk ich nach, was hab‘ ich falsch gemacht, dass es bei einem Abend blieb. Das ist der Morgen nach Marie, so viele Tränen sah ich nie.

Während sich Johannes Kram sehr darüber freut, dass künftig auch Heteros diese neue queere Hymne mitsingen werden, spielt die 40-Jährige die Bedeutung des Songs herunter. „Das Lied ist nicht autobiografisch“, stellt Ott klar, die sexuelle Orientierung spiele keine Rolle. „Jeder hat schon so eine witzige Situation erlebt, dass der eine an dem einen Abend gedacht hat, heute bin ich der King, und am nächsten Tag war er todtraurig, dass es nicht so war, wie er es sich vorgestellt hat.“ Während „Der Morgen nach Marie“ Kram echte „Glücksmomente“ schenkt, meint die Sängerin: „Jeder interpretiert den Song ja auch für sich neu und anders und auf seine Art und Weise.“

Warum so zurückhaltend? Kerstin Ott verweigert sich weiblichen Klischees im Schlagerbusiness, sie hat ihren queeren Song „Regenbogenfarben“ im Duett mit Helene Fischer gesungen und als erste Teilnehmerin bei „Let’s Dance“ mit einer gleichgeschlechtlichen Partnerin getanzt. Sie ist ein Vorbild für viele Queers, doch in dieser Rolle scheint sie sich nicht besonders wohlzufühlen. Sie habe immer aus „meinem Herzen heraus“ gehandelt, nicht um ein Statement zu setzen, sagt sie im Podcast. Sie wolle keine Oberlehrerin sein. Ott gibt aber auch zu: „Ich habe Angst davor, dieser Verantwortung nicht gerecht zu werden.“

In dem Gespräch mit Johannes Kram geht es außerdem um Gesangsunterricht in der Pandemie, die Entstehungsgeschichte ihrer Songs, ihren Umgang mit Hasskommentaren, ein mögliches Duett mit Patrick Lindner, ihre Regenbogenfamilie und ihr breit gefächertes Publikum. Ob sie beim CSD auftritt oder im ZDF-Fernsehgarten, das macht für Kerstin Ott keinen großen Unterschied: „Ich mag es einfach gerne, wenn die Leute feiern und fröhlich sind und sich dem Ganzen hingegeben können.“

Schubladendenken und Ausgrenzung sind ihr zuwider. Das Gemeinsame und Verbindende, das sie in ihren Schlagern besingt, wünscht sich Ott auch selbst. Dabei sieht sie Toleranz-Defizite nicht nur in der Gesellschaft, sondern auch in der queeren Community. „Können wir nicht alle zusammen feiern?“, fragt die Berlinerin und erzählt, dass sie selbst gar keine Lesbenkneipen mehr brauche. Nicht mal zum sicheren Anbaggern, will der verwunderte Johannes Kram wissen. „Das sehe ich ja sportlicher, finde es heraus“, entgegnet Ott.

Auch wenn sie es vermutlich anders sieht: Dass es für Schwule und Lesben heute einfacher möglich ist, auch in gemischten Läden mit anderen Menschen zu flirten, haben wir auch Kerstin Ott zu verdanken.

Micha Schulze, queer.de - 05. April 2022


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Über diesen Podcast

Hier gibt es rund einstündige Gespräche, die der Autor Johannes Kram mit Gästen führt, die meist aus der LGBTI-Community kommen, also offen lesbisch, schwul, bi-, intersexuell oder trans sind. Unter dem Motto „Wir sind alle anders, wir sind alle gleich“ möchte Kram dazu beitragen, völlig unterschiedliche Lebensgeschichten, Erfahrungen und Standpunkte erfahrbar zu machen und gleichzeitig die Gemeinsamkeiten zu ergründen, die queere Menschen verbinden. Zwischen Generationen, Identitäten und Lifestyles möchte QUEERKRAM Brücken schlagen – innerhalb der queeren Community, aber auch darüber hinaus –, denn Kram ist überzeugt, „dass wir uns alle etwas zu sagen haben.“

QUEERKRAM ist bewusst so gestaltet, dass er mit der Auswahl der Gäste und Themen auch einen Streifzug durch die vielfältigen Facetten von Alltag, Kultur sowie Geschichten und Geschichte aus queerer Sicht bietet, der leicht verständlich informiert, aufklärt und Hintergründe beleuchtet.

QUEERKRAM wurde 2021 von Apple als einer der zehn besten neuen deutschsprachigen Podcasts ausgezeichnet und ist das erste und bislang einzige queere Projekt, das mit dem Grimme Online Award prämiert wurde. Der Podcast erscheint in Kooperation mit queer.de, der größten deutschsprachigen queeren Nachrichtenseite.

Johannes Kram ist u. a. Autor des mehrfach preisgekrönten Nollendorfblogs, des Buches „Ich hab ja nichts gegen Schwule, aber …“ sowie der Theaterstücke „Seite Eins“ und „Operette für zwei schwule Tenöre“.

Redaktion und Gesamtverantwortung: Johannes Kram

von und mit Johannes Kram präsentiert von queer.de

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